Teambildung und Coaching mit Pferden
VON Stephan Gerhard Geschäftlich
Sie hat längst den Ruf einer Modeerscheinung oder eines Seminar-Gags hinter sich gelassen. Für die Teilnehmer ist ein Pferdetraining ein besonderes Erlebnis mit bleibendem Eindruck – im besten Sinne des Wortes ein Event.
In nicht-alltäglicher Umgebung
Dazu trägt schon der Ort der Veranstaltung bei. Pferdeseminare finden naturgemäss auf Pferdehöfen oder Gestüten statt, meist in ländlicher Umgebung. Dies schafft automatisch eine nicht-alltägliche Atmosphäre, die weit weg von der Hektik und dem Stress des Berufslebens führt. Abstand zu gewinnen und damit den Weg für neue Blicke und Erkenntnisse frei zu machen, ist ein Anliegen des Pferdetrainings. Ein schönes landschaftliches Umfeld bildet einen wichtigen Beitrag dazu.
Interaktion Mensch – Tier
Im Mittelpunkt eines Pferdeseminars stehen zweifelsohne der Kontakt und die Beziehung der Teilnehmer zu den Pferden. Dabei geht es um alles andere als Reitunterricht. Die Tiere sind vielmehr Lernpartner bei der Persönlichkeitsentwicklung. Die Begegnung und Interaktion von Mensch und Tier hinterlässt bei den Teilnehmern oft tiefe Eindrücke und bietet ihnen zusätzliche Erkenntnisse über die eigene Persönlichkeit. Sie erhalten dabei positive Impulse für das Verhalten in Beruf und Privatleben.
Ein guter Lernpartner
Warum sind Pferde so gute Trainingspartner? Die Antwort ist einfach: Pferde sind als Herdentiere soziale Wesen und verständigen sich praktisch ausschliesslich über Körpersprache. Als typische Fluchttiere reagieren sie dabei aussergewöhnlich sensibel auf körperliche Signale. Jedes Spiel der Ohren oder Zucken der Nüstern wird registriert. Auch im Umgang mit Menschen achten Pferde nur auf Ausstrahlung und Verhalten, nicht auf Worte. Achtung, Vorsicht, Vertrauen, Respekt und Wertschätzung spielen dabei eine zentrale Rolle – alles Punkte, die auch im menschlichen Umgang von grosser Bedeutung sind.
Auf die Körpersprache achten
Wenn wir mit anderen kommunizieren, setzen wir vor allem die Sprache der Stimme bewusst ein. Körpersprache wird von uns zwar auch genutzt, aber eher unbewusst. Häufig gibt es Situationen, wo das Wort und die Körpersprache unterschiedliche Botschaften aussenden. Dies führt dann häufig zu Irritationen beim Gegenüber – im Berufsleben oft Ursache für Kommunikationsprobleme, Konflikte und Störungen. Der Umgang mit Pferden bietet die Gelegenheit, sich einmal ausschliesslich auf die eigene Körpersprache zu konzentrieren und deren Wirkung bewusst wahrzunehmen.
Ehrliches und authentisches Feedback
Der Vorteil von Pferden als Lernpartnern ist: Sie sind absolut ehrlich und vorurteilsfrei. Berufliche Stellung oder Umgangsformen des ihm gegenüberstehenden Teilnehmers sind dem Tier egal. Das Feedback, das es dem Teilnehmer auf sein Tun gibt, ist daher authentisch und zuverlässig. Die von ihm vermittelte Botschaft ist auch glaubwürdig und lässt sich gut akzeptieren, denn das Tier reagiert nur nach seiner Natur.
Es kennt keine persönlichen Befindlichkeiten, Ressentiments, Vorlieben oder Animositäten. Das Pferd reagiert dabei nicht darauf, wie wir uns verhalten wollen, sondern auf die Stimmungen, Gefühle und Impulse, die ins uns gerade am stärksten zum Ausdruck kommen. Bewusstes Verhalten, das im Widerspruch zu den wahrgenommenen Signalen steht, hat für das Tier keine Bedeutung. Das macht den Umgang so interessant.
Andere besser verstehen
Oft sind die Teilnehmer von den Reaktionen der Pferde überrascht. Ein dominantes Auftreten des Teilnehmers führt zum Beispiel nicht automatisch zu einer Flucht- oder Folgereaktion, wenn das Tier dahinter Unsicherheit wahrnimmt. Es reagiert auf die Unsicherheit, nicht auf gezeigte Dominanz. Im Ergebnis kann daher das Gegenteil des eigentlich Beabsichtigten eintreten: Das Pferd bleibt stehen oder reagiert nicht. Im Verlauf des Seminars lernen die Teilnehmer, ihre eigene Körpersprache bewusster wahrzunehmen und Signale abgestimmt einzusetzen. Sie verstehen dadurch auch die Reaktion ihres Gegenübers besser.
Sensibler und bewusster agieren
Diese grössere Sensibilität lässt sich auch beruflich und privat gewinnbringend umsetzen. Dabei wäre es sicherlich verfehlt, pferdetypische Verhaltensweisen schematisch auf Menschen zu übertragen – sei es im Team oder im Verhältnis Vorgesetzter – Mitarbeiter. Das Pferdetraining soll denn auch vornehmlich nicht dazu dienen, etwas über Verhalten und Reaktionen anderer zu lernen, sondern über sich selbst. Wenn sich die Teilnehmer darauf einlassen, kann ein Pferdetraining eine wirkliche Bereicherung sein.
Konzept mit Anbieter abstimmen
Anbieter für Pferdetrainings zu finden, ist kein Problem. Eine Internetrecherche führt schnell zu Ergebnissen. Bei der Auswahl ist auf Erfahrungen und den jeweiligen Beratungs- und Coachingansatz zu achten. Hier gibt es durchaus Unterschiede. Das Veranstaltungskonzept sollte vorher immer mit dem jeweiligen Seminaranbieter genau abgestimmt werden. Dies betrifft sowohl die Zielsetzung als auch die Übungen.
Akzeptanz im Vorfeld schaffen
Auch bei den Teilnehmern ist im Vorfeld sicher manchmal erst Akzeptanz zu schaffen. Nicht jedem dürfte der Ansatz von Anfang an klar sein. Wenn das hinter dem Training stehende psychologische Konzept einmal präsentiert worden ist, ist die Bereitschaft in der Regel deutlich grösser. Skepsis verliert sich nicht zuletzt im Umgang mit den Pferden selbst. Wenn das Pferdetraining mit einem schönen Ambiente, gutem Essen und geselligem Beisammensein verbunden wird, dürften auch die letzten Skeptiker überzeugt und der Beweis erbracht sein, dass Weiterbildung und Event-Vergnügen kein Widerspruch sind.
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