Pecha Kucha - ein kreatives Vortragskonzept
VON Stephan Gerhard Geschäftlich
Bei Pecha Kucha-Präsentationen werden erklärende Bilder parallel zu einem mündlichen Vortrag im Sekundentakt an eine Wand projiziert. Dabei gelten strenge Zeitvorgaben.
In Japan entstanden – um den Globus verbreitet
Die Idee zu Pecha Kucha stammt von den Architekten Astrid Klein und Mark Dytham, die sie erstmals 2003 in Tokio im Rahmen einer Design-Veranstaltung einsetzten. Seither erobert die Vortragstechnik die Welt. Auch als Vortagsevent wird sie geschätzt. Pecha Kucha-Nächte werden mittlerweile in vielen Städten rund um den Globus regelmässig veranstaltet. In Europa gehörte Berlin zu den ersten Veranstaltungsorten.
Der holländische Aktionskünstler Iepe Rubingh führte den Event-Format 2006 erstmals in der deutschen Hauptstadt ein. In der Schweiz gab es bereits Pecha Kucha-Nächte in Basel und Bern. Insgesamt finden derzeit in rund 600 Städten weltweit vergleichbare Veranstaltungen statt.
Die Regeln im Überblick
Für einen Pecha Kucha-Vortrag gelten ganz bestimmte Regeln:
- ein Vortrag besteht aus 20 Bildern
- jedes Bild wird exakt 20 Sekunden lang gezeigt, der Bildwechsel erfolgt automatisch, ohne dass der Vortragende hierauf Einfluss hat
- der Vortragende kann nur die Bildreihenfolge festlegen
- der Vortrag erfolgt mündlich ohne Folieneinsatz. Wie der Präsentator dabei vorträgt, bleibt ihm weitgehend selbst überlassen (auch gesungene, gerappte Präsentationen sind denkbar)
- ein Vortrag darf in der Regel maximal 6 Minuten und 40 Sekunden dauern
Thematisch flexibel
Bei Pecha-Kucha-Nights werden etwa 8 bis 14 Präsentationen pro Veranstaltung gehalten. Die Themen konzentrieren sich – dem Ursprung der Idee folgend – häufig auf die Bereiche Design, Kunst, Mode und Architektur. Die Events dienen dabei auch zum Treffen und Austausch innerhalb der jeweiligen Szene. Neben der reinen Präsentation ist daher auch Gelegenheit zur Diskussion vorgesehen. Eine thematische Leitlinie ist manchmal vorgegeben, aber nicht zwingend.
Es gibt auch zahlreiche Veranstaltungen mit weitgehend freier Themenwahl. Dementsprechend werden auch ganz andere Inhalte behandelt. Reisen, Forschungsprojekte, Hobbies, Erfahrungsberichte – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Der besondere Reiz
Der rasche Themenwechsel trägt zum besonderen Reiz einer Pecha Kucha-Veranstaltung bei. Die Zuhörer müssen sich auf jeden Vortrag neu einstellen und wissen nie genau, was sie als Nächstes erwartet. Das erzeugt Spannung und Neugier. Die 20-20-Regel hat sich dabei im globalen Rahmen bewährt. Sie verhindert langatmige Präsentationen, die die Zuhörer ermüden. Der Vortragende wird durch die engen zeitlichen Vorgaben gezwungen, sich auf seine Kernbotschaft zu beschränken und die Präsentation nach dem KISS-Prinzip (kiss = keep it short and simple) zu gestalten. Für ‚Folienschlachten‘ ist bei Pecha Kucha kein Platz.
Inspiration für neue Ideen und Projekte
Die schnelle Abfolge der Präsentationen hat schon bei manchen Teilnehmern zu verblüffenden Einsichten geführt. Auch interessante Projekte und Kooperationen wurden auf den Veranstaltungen geboren. Insofern sind Pecha Kucha-Events mehr als reine Präsentationsveranstaltungen. Sie regen dazu an, Kreativität zu entwickeln und vorgestellte Ideen weiterzuführen. Je bunter das Themenspektrum, umso überraschender sind auch die möglichen Ergebnisse. Das macht Pecha Kucha-Events bis heute für Kreative besonders interessant.
Schlichter Rahmen
Der Rahmen für eine Pecha Kucha-Veranstaltung kann dabei durchaus schlicht sein. Benötigt wird eigentlich nur ein ausreichend großer Raum mit entsprechenden Sitzmöglichkeiten, um den Teilnehmern ausreichend Platz zu bieten sowie eine funktionsfähige Präsentationstechnik. Alles Weitere ist mehr oder weniger Dekoration. Bei regelmässigen Events wird auch gerne mal die Location gewechselt, um das Interesse zu verstärken. Zwingend nötig ist das aber nicht. Die Teilnehmerzahlen hängen von der Veranstaltung ab. Einzelne Events ziehen bis zu zweitausend Teilnehmer an.
Ehrenkodex für Initiatoren
Die Initiatoren von Pecha Kucha-Nächten sollen ehrenamtlich tätig sein und sich wegen der Leidenschaft für neue Ideen und Kreativität engagieren. Zum informellen Bewerbungsverfahren gehört daher ein sogenanntes ‚Handshake Agreement‘, bei der sich potentielle Organisatoren entsprechend freiwillig selbst verpflichten. Gewinnerzielung gehört nicht zu den Zielen des Pecha Kucha-Netwerks. Insofern ist das Veranstaltungsformat kein Geschäftsmodell.
Vortragstechnik verbreitet sich weiter
Über Event-Veranstaltungen Pecha Kucha findet als Vortragstechnik zunehmend auch in anderen Bereichen Verbreitung. Sie erobert die Wirtschaft und die Universitäten. Die Erklärung ist einfach: gerade hier kommt es oft darauf an, komplexe Sachverhalte übersichtlich, prägnant und überzeugend darzustellen. Pecha Kucha zwingt Vortragende geradezu dazu. Entsprechend weit ist das Anwendungsspektrum: es reicht von Vertrieb über Marketing bis hin zu Projekt- oder Bewerbervorstellungen. Selbst einige Museen machen mittlerweile bei Präsentationen von Pecha Kucha Gebrauch.
Hohe Anforderungen an Präsentator
Pecha Kucha zwingt Vortragende zu einer ausgefeilten Vorbereitung und großer Selbstdisziplin. Vorher muss genau klar sein, was zu welchem Bild erzählt wird. Dabei müssen die zeitlichen Restriktionen genau eingehalten werden. Wer beim Pecha Kucha-Vortrag einmal aus dem Tritt gerät, hat oft grosse Mühe, wieder in den ambitionierten Bildrhythmus hineinzufinden.
Was bei einer gelungenen Präsentation besonders überzeugend und professionell wirkt, kehrt sich beim Misslingen sehr schnell ins genaue Gegenteil um. Diese Art des Vortrags will daher geübt sein. Für Pecha Kucha gilt: Simplizität stellt besondere Ansprüche und Anforderungen.
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