Halloween und Walpurgisnacht – zwei Nächte mit heidnischen Wurzeln
VON Stephan Gerhard News
Das Zwielicht hat etwas Geheimnisvolles, Unbekanntes, auch Gefahrvolles an sich. Feste und Rituale dienten in früheren Zeiten vielfach dazu, die Mächte der Dunkelheit zu bannen und Geistern und Dämonen die Stirn zu bieten. Spätestens seit der Aufklärung hat der Aberglauben seinen Boden verloren. Geblieben ist der wohlige Schauer, den Gruseleffekte und Zwielicht ausüben. In zwei Nächten im Jahreskreis wird das besonders deutlich: an Halloween und in der Walpurgisnacht.
Halloween: keltische Ursprünge
Halloween bezeichnet die Nacht vom 31. Oktober zum 1. November, an dem Katholiken das Allerheiligenfest begehen. Das Halloween-Brauchtum ist in Irland entstanden und hat wohl keltisch-heidnische Ursprünge. In keltischer Zeit wurde um diese Zeit das Ende des Sommers begangen, als das Vieh in die Ställe getrieben wurde und nach dem Glauben der alten Iren auch die Seelen der Toten zu ihren Heimen zurückkehrten. Später fand die christliche Verknüpfung mit dem Allerheiligen-Fest statt, bei dem ebenfalls der Toten besonders gedacht wird.
Bei Kindern und als Party-Anlass beliebt
Seit einigen Jahren findet Halloween zunehmend auch in unseren Breiten Anhänger, vor allem bei Kindern, die am Halloween-Abend verkleidet mit dem Ruf „Süsses oder Saures“ auf die Jagd nach Süssigkeiten gehen. Aber auch als Party-Anlass für Jugendliche und Erwachsene wird Halloween gerne genutzt. Dann gehören schaurige Dekorationen, gruselige Kostüme und eine geheimnisvolle Tonkulisse zur Halloween-typischen Party-Atmosphäre.
Aus Irland in die USA
Halloween ist aus den Worten All Hallows‘ Eve entstanden, der Bezeichnung für den Vorabend von Allerheiligen. Seit Jahrhunderten ist dieser Abend in Irland mit volkstümlichen Bräuchen verbunden, bei denen mit Kerzen erleuchtete Kürbisse, Feuer, Verkleidungen, Geister und Dämonen eine wichtige Rolle spielen. Mit der irischen Einwanderung in die Vereinigten Staaten fand Halloween dort im 19. Jahrhundert eine grosse Verbreitung. Bis heute ist das so geblieben. Über den Weg der USA kehrte der Brauch nach dem Zweiten Weltkrieg nach Europa zurück und wird inzwischen auch im mittleren Europa, wo Halloween keine Tradition hat, gerne als Feieranlass genutzt.
Walpurgisnacht: der Hexensabbat
Auch die Walpurgisnacht, die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai, ist zunächst vordergründig mit einem Heiligenfest verknüpft. Im Mittelalter stellte der 1. Mai den Gedenktag der heiligen Walburga dar, von der die Walpurgisnacht ihren Namen hat. Im Volksglauben des Mittelalters war die Nacht zum 1. Mai aber der Termin für den Hexensabbat. In dieser Nacht trafen sich danach die Hexen an ausgewählten, hochgelegenen Plätzen, um mit dem Teufel eine Verbindung einzugehen. Das bekannteste Beispiel für eine solche mystische Stätte ist der Brocken im Harz.
Die Walpurgisnacht und der Hexensabbat wurden in Literatur und Musik vielfach verarbeitet. Goethe hat ihnen im berühmten Faust ein literarisches Denkmal gesetzt, Mussorgski nimmt auf sie in seiner Komposition „Eine Nacht auf dem kahlen Berge“ Bezug.
Tanz in den Mai und Mai-Feuer
In den heutigen Maibräuchen sind die Anklänge an den alten Hexenglauben noch manchmal zu spüren. Das bekannteste Event ist der Tanz in den Mai, der an vielen Orten in Mittel- und Nordeuropa veranstaltet wird. Entstanden ist er wohl aus dem Tanz um das Hexen- oder das Mai-Feuer. Das wurde ursprünglich entzündet, um die bösen Geister und Hexen zu vertreiben und auch symbolisch zu verbrennen.
In manchen Gegenden gibt es das Mai-Springen. Dabei springen verliebte junge Paare gemeinsam über das Mai-Feuer. Das Mai-Feuer wird heute noch in vielen Regionen entzündet. Auch die (Un-)Sitte, in der ersten Mai-Nacht manchen Unfug zu treiben, hat seinen Ursprung im vermeintlichen Wirken der Hexen.
Altgermanisch: der Maibaum
Noch älter ist die Tradition des Maibaums und des Baumstellens in der Nacht zum 1. Mai. Sie geht wohl auf germanische Ursprünge zurück. In den Vorstellungen der alten Germanen symbolisierte der Maibaum den Weltenbaum und war ein Symbol für Fruchtbarkeit. Dass der Fruchtbarkeit dabei im Mai besonders gehuldigt wurde, hängt zweifelsohne mit der Jahreszeit zusammen. Der Frühling ist eine Zeit des Aufbruchs und des Wachstums. Dies ist heute nicht anders als zu Zeiten der alten Germanen.
Ein menschliches Bedürfnis
Auch in heutigen Veranstaltungen und Bräuchen wirken uralte Vorstellungen nach. Es ist interessant, dass sich manche Tradition in einem Zeitalter, das durch naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Rationalität geprägt ist, erhalten hat. Vielleicht kommen darin gewisse menschliche Urbedürfnisse und -befindlichkeiten zum Ausdruck.
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